12
Der Ober hatte eine glänzende, schwarze in die Stirn fallende Schmalztolle und blaue Wildlederschuhe an den Füßen. Natürlich durfte man ihn nicht als Ober bezeichnen - in Disneyworld liefen alle Angestellten unter der Bezeichnung »Ensemblemitglieder«. Dieses Mitglied ergänzte sein Kostüm mit einer Anstecknadel, auf der »Elvis« stand - für den Fall, dass jemand ein bisschen schwer von Begriff war.
»Wie geht’s, wie steht’s, Kids?«, sprach Elvis Jamie und Neil mit freundlich dröhnender Stimme an.
»Okay«, brachten sie mühsam hervor. Sie hatten gerade Beefburger mit - wie es schien - dem Fleisch einer ganzen Kuh und einen Berg Fritten in sich hineingestopft und hingen mit zum Platzen prallen Bäuchen kraft-und lustlos auf den typischen mit rotem Kunstleder bezogenen Stühlen. Ewan konnte es ihnen nachfühlen. Sein Darm hatte vor etwa fünf Tagen unter dem fortgesetzten Angriff von Fastfood dichtgemacht. Aber jetzt mussten sie ja nicht mehr lange durchhalten. Am Sonntag ginge es nach Hause. Vielleicht würde Grace dann etwas für sie kochen. Angesichts der Lage der Dinge wäre das wohl das Mindeste, was sie von ihr erwarten dürften.
»Und Ihnen, Sir?«, richtete Elvis sein Strahlelächeln auf Ewan.
Die unentwegte Fröhlichkeit begann Ewan allmählich ebenfalls auf die Nerven zu gehen, doch er raffte sich zu einem »Großartig, danke« auf.
»Dessert?«, feuerte Elvis die nächste Salve ab. »Also, ich glaube nicht...«
»Sundae? Apple Pie mit Sahne? Einen doppelten Mud Pie mit geschlagener, weißer Schokolade, Weintrauben und Karamelleis? Nach Wunsch mit Schokoladensauce.« Es gab einfach zu viel Überfluss in diesem Land, und Ewan stellte fest, dass ihn auch das nervte. »Für mich nicht«, lehnte er ab. »Jungs?«
»Dein Fuß berührt meinen«, sagte Neil anklagend zu Jamie.
»Gar nicht wahr! Dein Fuß ist viel zu weit drüben dafür.«
»Wichser!«
»Dad!«
»Beruhigt euch, Jungs«, murmelte Ewan, dessen Ärgerpegel anstieg. Es war Zeit zu gehen. »Nur die Rechnung, bitte«, sagte er zu Elvis.
Nicht im Geringsten gekränkt, zog der mit einem Ruck einen Kassenbon heraus und legte ihn auf den Tisch. »Dann sorgen Sie dafür, dass Sie noch einen schönen Tag haben!«
»Das werden wir«, versprach Ewan. Schließlich war dies hier »Der glücklichste Ort auf der Welt«. Ein mittelmäßiger oder gar schlechter Tag war nicht gestattet. Selbst wenn man gerade seinen Job, seine Frau und seine Kinder verloren hatte, war es auf diesem Fleckchen Erde Pflicht, einen schönen Tag zu haben.
Nicht, dass ihm etwas davon zugestoßen wäre, dachte Ewan. Der Slimchoc-Etat war letzte Woche verdoppelt worden (sie hatten gerade grünes Licht für eine Palette von Milkshakes gegeben - ohne Milch! - nach Ewans Kollegen Mick), und er hatte in den letzten drei Wochen mehr Zeit mit seinen Söhnen verbracht, als ihm normalerweise lieb gewesen wäre. Okay, seine Frau hatte ihn schmählich im Stich gelassen auf dieser Einmal-im-Leben-Ferienreise und ihm die Betreuung zweier anstrengender Jungen in einer seltsamen Cartoonstadt überlassen, während sie in der Provinz eine fußkranke alte Lady betreute, aber er hatte nicht zugelassen, dass dieses letzte, kleine Detail irgendjemandes schönen Tag verdarb. No, Sir, er hatte tapfer weitergemacht. Niemand könnte mit dem Finger auf ihn zeigen und ihm unterstellen, dass er sich nicht mit aller Kraft ins Zeug gelegt hätte.
»Also, Jungs«, sagte er, von einer plötzlichen Hochstimmung ergriffen, »was machen wir heute Nachmittag?«
Normalerweise stellte er sie nicht vor die Wahl. Grace hatte ihm in ihrer irritierend hilfsbereiten Art, die ihm das Gefühl vermittelte, irgendwie behindert zu sein, am Telefon mehrfach eingeschärft, keinerlei Voraussetzung für eine Debatte zu schaffen, da ihm das nur Ärger einbrächte. »Stell sie vor vollendete Tatsachen, Ewan.« Als ihm die von ihr ausgegebene Parole jetzt einfiel, entschied er sich energisch gegen diese elterliche Regel, denn damit würde er die Jungs ja behandeln, als wären sie Kinder. Gut, sie waren Kinder - aber wie sollten sie jemals erwachsen werden, wenn man ihnen die Möglichkeit verwehrte, selbst einfachste Entscheidungen zu treffen? Grace verzärtelte sie. Ja, genau das tat sie. (Natürlich würde er das nie aussprechen.) Sie wussten ohnehin nie, was sie wollten, also könnte es nicht schaden, ihnen die Wahl zu lassen.
Zu seiner Verblüffung verkündete Neil: »Wir wollen zu Tarzans Baumhaus.«
Verdammt. Das deckte sich ganz und gar nicht mit Ewans Plan, und so platzte er heraus: »Das geht nicht.« Als er ihre Mienen sah, stieß er ein kleines Lachen aus und sagte leichthin: »Wir waren doch letzte Woche in Tarzans Baumhaus. Ihr würdet euch zu Tode langweilen.«
»Überhaupt nicht!«, widersprach Neil mit dem streitlustigen Blick, den er sich in den letzten drei Wochen angewöhnt hatte und der Ewan leicht nervös machte. Sobald Ewan die Kühnheit besaß, etwas abzulehnen, was Neil wollte, bekam er diesen Blick, als sei er sein Feind oder so was. Das war nicht okay, und Ewan würde Grace davon erzählen, wenn sie nach Hause kämen.
»Ihr könnt nicht zu Tarzans Baumhaus, weil ich was anderes mit euch vorhabe«, erklärte er laut und entschieden, um seine Autorität wiederherzustellen.
»Warum hast du uns dann gefragt, was wir tun wollen?«, fragte Neil, und Ewan brach der Schweiß aus. Er hätte sie nie vor die verdammte Wahl stellen dürfen, Grace hatte Recht gehabt.
Das war nur eine typische Ferienkrise, tröstete er sich. Sie waren jetzt drei ganze Wochen unentwegt zusammen, und da kam es zwangsläufig zu Spannungen. Und Grace fehlte ganz entschieden. Sie verstand sich großartig darauf, Harmonie zu schaffen. Manchmal, wenn Ewan seine Söhne anschaute, wusste er nicht, was er mit ihnen reden sollte. Im Hotel zum Beispiel, in der Stunde vor dem Zubettgehen, empfand er dieses Manko besonders stark. Die Atmosphäre war einfach nicht so locker-vertraut, wie sie es mit Grace gewesen wäre.
Aber in nicht ganz einer Woche wären sie ja wieder zu Hause. Grace zählte am Telefon jeden Tag auf, wie lange es noch bis zu ihrer Rückkehr war. Von heute an wären es noch sechs Tage.
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass Grace den Countdown vor einer Ewigkeit eingestellt hatte. Vielleicht schon vor einer Woche. Oder noch länger.
Die Jungen schauten ihn erwartungsvoll an, und so straffte er seine Schultern und sagte: »Wir gehen heute Nachmittag schwimmen!«
Jamie schnellte in die Höhe und erklärte mit einer Heftigkeit, die Ewan regelrecht erschreckte: »Ich will nicht schwimmen gehen!«
»Aber wir waren die ganzen Ferien noch nicht beim Schwimmen.«
Jamie schaute ihn über den Plastiktisch hinweg grimmig an. »Ich will nicht schwimmen gehen, okay?« In diesem Ferien war Neil der Aufsässige gewesen und Jamie, wie Ewan in diesem Moment klar wurde, sogar stiller als sonst. Er würde doch jetzt hoffentlich nicht anfangen aufzudrehen, um Himmels willen, wo sie nicht mal mehr eine Woche vor sich hatten?
»Warum?«, fragte Ewan überfreundlich, weil er hoffte, Jamie damit zu besänftigen.
Aber Jamie ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen und starrte mit finsterem Gesicht vor sich hin. Es war höchst seltsam.
Ewan versuchte sich vorzustellen, was Grace in einem solchen Fall täte. Sie würde ihn locken. Also sagte er augenzwinkernd: »Die haben da einen gitarrenförmigen Pool.«
»Einen gitarrenförmigen Pool?«, horchte Neil auf.
»Ja. Und ich habe Wasserspringen für euch gebucht. Bei Angie Piranha-Pirelli!«
Das beindruckte sie. Sollte es auch - immerhin kostete der Spaß Ewan fünfundzwanzig Dollar pro Stunde. »Piranha ist natürlich ihr Künstlername«, setzte er hastig hinzu, und dann noch lässig: »Sie ist eine Exolympiateilnehmerin im Wasserspringen.«
A-ha! Neil saß jetzt kerzengerade auf seinem Stuhl. Wahrscheinlich sah er sich im Geist schon mit einer Goldmedaille um den Hals auf einem Podium stehen. Doch Jamie erklärte dickköpfig: »Ich will da nicht hin.«
»Herrgott noch mal!«, explodierte Ewan, nahm sich jedoch sofort zurück. Er musste Geduld haben. Also versuchte er es im Guten. »Es ist alles gebucht und bezahlt, Jamie.«
»Neil kann doch gehen. Ich bleibe hier bei dir.«
»Nein.« So würde Ewan nie zu einer Verschnaufpause kommen. »Entweder geht ihr beide, oder es geht keiner.«
»Dann kann ich nicht hin, weil er nicht hinwill?«, fuhr Neil auf. »Das ist nicht fair!«
»Was hast du für ein Problem, Jamie?«, fragte Ewan.
»Er ist ein Weichei und hat Angst vor kaltem Wasser«, höhnte Neil.
»Stimmt gar nicht!«
»Oder vor Höhe oder so was. Oooooh, Angie, ich bin zu hoch oben! Ich mache mir gleich in die Hosen!«
»Halts Maul!«
»Hört sofort auf, ihr zwei!« Ewan warf Neil einen, wie er hoffte, einschüchternden Blick zu und wandte sich wieder an Jamie. »Stimmt das? Hast du vor irgendwas Angst?«
Er bemühte sich, mitfühlend zu klingen, aber es entsprang keiner Überzeugung. Grace hatte den Jungen ruiniert. Seit seiner Geburt hatte sie ihn verhätschelt, als sei er zerbrechlich. Und was war aus ihm geworden? Ein Feigling. Kein Vergleich mit Neil.
»Nein.« Jamie schlang fest die Arme um sich.
Wieder spürte Ewan Ärger in sich aufsteigen. Wenn er nicht einmal sagen wollte, was los war ... »Dann trink aus, okay? Angie wartet um zwei am Pool.« Sie hätten vor dem Schwimmen nicht so viel essen sollen, fiel Ewan verspätet ein. Na ja - Angie würde es bald mit ihnen abtrainiert haben. Sie hatte einen geradezu beängstigend tüchtigen Eindruck gemacht, als er sich gestern Abend in der Hotelhalle mit ihr getroffen hatte, um für die verbleibende Ferienzeit tägliche Unterrichtsstunden zu vereinbaren. All seine Bedenken wurden von ihr mit einem »Kein Problem, Sir« oder »Machen Sie sich keine Gedanken, Sir« oder »Ich kümmere mich darum, Sir« zerstreut. Es hatte ihm sehr gefallen, dass Angie bereit war, jedwedes Problem eigenständig zu lösen.
Neil sprang auf. »Gehen wir!«
»Ähh ... ich komme nicht mit«, sagte Ewan und fühlte sich schrecklich dabei, obwohl dazu nicht der geringste Anlass bestand. Er hatte sich schließlich nahezu einen Monat lang ganz allein um die beiden gekümmert, und außerdem würde das Wasserspringen ihnen viel Spaß machen. Immerhin waren es auch seine Ferien, und er sollte sich keine Gewissensbisse machen, weil er ein paar Nachmittage für sich haben wollte.
Doch er hatte Grace nichts von seinem Arrangement erzählt. Weil er sicher war, dass sie mit vorwurfsvollem Schweigen reagiert hätte. Sie, die diesen Mammuturlaub organisiert hatte und dann desertiert war! Sie ahnte nicht einmal, wie er sich hier, ganz auf sich allein gestellt, fühlte. Er hatte am Telefon nicht jammern wollen, damit sie sich keine Vorwürfe machte, und so wusste sie nichts von der Nacht, in der die Jungs aus Versehen den Feueralarm im Hotel ausgelöst hatten, oder von dem Wolkenbruch, durch den sie vier Stunden im Geisterhaus festsaßen, oder von dem Tag, als Jamie in einem Laden verloren ging. Er hatte auch nicht über die Menschenmassen geklagt oder die erbarmungslose Hitze oder den seltsamen, fauligen Geruch in ihrem Zimmer oder die Tatsache, dass er seit drei Wochen ohne Sex lebte! Und jetzt konnte er sich nicht ein paar freie Nachmittage genehmigen, ohne beschuldigt zu werden, ein gefühl-und verantwortungsloser Vater zu sein? Das war zu viel!
Seine Brillengläser begannen anzulaufen. Er machte sich bewusst, dass ihn in Wirklichkeit niemand beschuldigt hatte. Es war seine Paranoia, die sich im Laufe von Jahren, in denen er die Zielscheibe von Graces »Blicken« war, entwickelt hatte, die ihm ein Bein stellte. Irgendwann würde er aufbegehren, beschloss er. Die andere Möglichkeit wäre natürlich, die Blicke weiterhin scheinbar zu ignorieren. Das erforderte weniger Kraft.
»Wir treffen uns dann nachher wieder hier«, sagte er. Jamie schaute ihn über den Tisch hinweg an, der personifizierte Widerstand.
»Du meine Güte, Jamie - Angie wird dich schon nicht ertrinken lassen«, versuchte Ewan sowohl Jamie als auch sich selbst zu beruhigen. »Versuchs doch einfach mal, okay?«
Um jeden weiteren Einwand abzuwürgen, reichte er die bereits gepackte Tasche mit den Schwimmsachen hinüber. Neil nahm sie und steuerte, ohne sich noch einmal umzusehen, auf den Ausgang zu. Jamie schlurfte leicht vorgebeugt hinter ihm her. Er ging schon seit einigen Tagen so gebückt. Vielleicht hatte das Kind Bauchweh. Es wäre nicht verwunderlich bei all dem fetttriefenden Essen, dachte Ewan.
Endlich saß er allein an dem Tisch in dem riesigen, roten Diner. Er atmete tief durch und entspannte sich zum ersten Mal seit Tagen. Die chromblitzende Musicbox spielte »Stupid Cupid«, Elvis schwatzte drüben am Tresen mit Marilyn Monroe, und Ewan fragte sich, wie es Grace wohl hier gefallen hätte.
Jetzt, da er Zeit hatte, darüber nachzudenken, fiel ihm auf, dass sie in letzter Zeit etwas merkwürdig gewesen war, wenn sie telefonierten. Damit meinte er nicht, dass sie aufgehört hatte, die Tage bis zu ihrer Rückkehr zu zählen - das war alberner Kram -, nein, sie wirkte so ... distanziert. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Den Jungen schien jedenfalls nichts aufgefallen zu sein - sie kamen jedes Mal mit glücklich lächelnden Gesichtern vom Telefonieren. Für Ewan hatten sie dieses Lächeln nur, wenn er ihnen etwas in einem dieser verdammten Läden kaufte, die hinter jeder Ecke lauerten.
Elvis ging wieder zum Angriff über. »Einen Kaffee, bitte«, bestellte Ewan hastig, um einem neuerlichen Versuch vorzubeugen, ihm ein Dessert aufzudrängen. Um ihn herum stopften alle schlagsahnebekrönten Matsch in sich hinein, als gäbe es morgen nichts mehr. Die meisten waren übergewichtig oder auf dem besten Weg dahin. »Einen Kaffee? Kommt sofort«, sang Elvis. »Könnte ich Sie für einen Schokocookie interessieren oder ...«
»Nein.«
Wieder allein, griff Ewan sich eine der vielen weißen Papierservietten, die mit dem Essen gebracht und nicht benutzt worden waren. Er brauchte einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen. Dann kramte er in seinen Taschen, bis er einen Bleistiftstummel fand, leckte die Mine an, beugte sich über die Serviette und schrieb ein paar Worte, strich sie durch, schrieb noch etwas und strich auch das durch. Er hörte weder die Musik plärren, noch registrierte er es, als Elvis ihm seinen Kaffee hinstellte. Schließlich drehte er die voll gekritzelte Serviette um, strich sie glatt und begann von neuem. Essen Sie sich dünn. Nein, dachte er, das gibt es schon. Mehr essen, mehr abnehmen? Schrecklich. Die verdammte Sonne dörrte sein Gehirn aus, dachte er unangebracht fröhlich.
»Dad?«
Es dauerte einen Augenblick, bis Ewan auf die Erde zurückkehrte. Dann schob er seine heruntergerutschte Brille an ihren Platz und hob den Blick. Jenseits der fettfingerschmierigen Gläser stand Jamie am Tisch und zupfte verlegen an seinem T-Shirt, während er seine Schuhspitzen fixierte.
Es kostete Ewan Kraft, ruhig zu bleiben. »Warum bist du zurückgekommen, Jamie?«
Statt einer Antwort kam die in jämmerlichem Ton gestellte Gegenfrage: »Darf ich hier bei dir bleiben?« Nicht zu fassen! Das war nun der Dank für all seine Mühe! Er hatte den Jungs drei tolle Wochen bereitet, und jetzt sollte ihm eine lächerliche Stunde für sich verweigert werden, weil Jamie, offenbar aus einer Laune heraus, entschieden hatte, dass ihm nicht nach Wasserspringen war?
»Nein!«, erwiderte er in scharfem Ton. »Wenn du nicht Wasserspringen willst, dann geh rauf ins Zimmer. Das sind die beiden Möglichkeiten, die du hast, okay?«
»Ich will mir dir reden«, sagte Jamie. Eine weitere Verzögerung! »Abgelehnt! Du hattest deine Chance.« Jamie drehte sich um und lief gebückt davon. Im ersten Moment wollte Ewan ihm folgen, doch dann überlegte er es sich anders. Es wäre besser, wenn sie sich beide erst etwas beruhigten. In ein paar Minuten könnten sie bestimmt besser miteinander sprechen.
Er nahm seinen Bleistift und vertiefte sich wieder in seine Arbeit.
»Mach das noch mal«, bat sie.
»Was?
»Das mit der Zunge.«
»Also wirklich, Grace - ich kriege ja schon eine Blase ...«
»Nur noch fünf Minuten.«
O Mann! Grace drehte den Kopf zur Seite. Mrs Carrs Kissen roch muffig. Nicht, dass sie das gestört hätte. Es störte sie auch nicht, dass ihre Zehennägel zu lang waren oder dass Adams Zärtlichkeiten von leisem Schnalzen begleitet wurden. Normalerweise waren solche Geräusche peinlich. Warum sonst wurden Liebesszenen im Film immer mit Musik unterlegt? Doch nur, um unromantisches Geschnalze oder das Knacken von Schulterblättern zu überdecken. Doch bei Adam genoss sie es. Je lauter, umso besser! Abgesehen von dem Schnalzen ermutigte sie ihn zum Saugen, Lecken und Kauen (wo angebracht), und das Schmatzen, mit dem feuchte Haut sich von feuchter Haut löste, ließ sie wohlig erschauern. Himmlisch! Auch das Schnaufen, wenn er ihren Hals von oben bis unten mit Küssen bedeckte, und das köstliche ...
»Du bist ja überhaupt nicht bei der Sache!« Adam schaute vorwurfsvoll zu ihr herauf. »Doch«, widersprach sie zärtlich.
Aber er war verunsichert. »Ist es vielleicht nicht richtig so?«
»Es ist perfekt!«
»Wenn es dir lieber ist, kann ich auch ...«
»Adam! Mach einfach weiter.«
Sie drückte seinen Kopf wieder nach unten - wobei er, was Sex betraf, keiner Anleitung von ihr bedurfte. Die jungen Leute wussten heutzutage alle Bescheid. Einiges, was er vorgeschlagen und getan hatte, schockte sie regelrecht und ließ ihre kleinen Versuche, Ewans und ihr Liebesleben ein wenig aufzupeppen, lächerlich spießig erscheinen. Aber einige der Praktiken waren so brutal! Und unnatürlich! Man fragte sich, wie überhaupt jemand irgendwann darauf gekommen war.
Anfangs hatte sie natürlich die Blasierte gespielt, sogar die Gelangweilte - außer, als er vorschlug, ihre Freundin dazu zu bitten.
»Natalie? Sie ist im achten Monat schwanger, um Himmels willen!«
Es war ein Witz gewesen, und Adam hatte sich köstlich darüber amüsiert, wie diese Vorstellung sie entsetzte: Sie, die Königin der Pornophantasien (die ihr jetzt so harmlos vorkamen wie Die Waltons). Aber es war ihr schon ein wenig peinlich, dass sie im Vergleich mit ihm so unerfahren war. Eigentlich sollte in der Paarung ältere Frau/jüngerer Mann sie ihm ein oder zwei Tricks beibringen, oder? Doch alles, was sie im Ärmel hatte, waren ein paar Variationen zur Missionarsstellung.
Aber die Konstellation hatte auch ihr Gutes. Männern seiner Generation war die Befriedigung der Frau ganz selbstverständlich ebenso wichtig wie ihre eigene. Man stelle sich das vor! Keiner der Männer, mit denen sie in der Vergangenheit geschlafen hatte, wäre im Traum auf diese Idee gekommen. Die meisten erkundigten sich lediglich im Zustand wohliger Erschöpfung, ob »es gut für sie gewesen« sei - als erinnerten sie sich plötzlich ihrer Erziehung. Einer von ihnen hatte sich nach fünf Minuten Pause aufgerichtet und fröhlich verkündet: »Dann wollen wir mal was für dich tun!«
Das war Ewan gewesen. Aber er hatte es gut gemeint, sagte sie sich. Sie wusste nur nicht, was sie ihm sagen sollte, geschweige denn zeigen. Woher sollte ein Mädchen von zweiundzwanzig dieses Selbstvertrauen nehmen? Ewan hatte schon vor Jahren aufgehört »etwas für sie zu tun«, und sie hatte aufgehört, es zu erwarten. Keiner von ihnen hatte bemerkt, wie sie sich langsam von einem schüchternen, linkischen Mädchen in eine reife Frau mit einem ausgeprägten Sexualtrieb verwandelte. Kein Wunder, dass sie ständig an Sex dachte. Sie war frustriert, und das seit Jahren.
»Weiter!«, forderte sie mit verrucht-heiserer Stimme. »Wie du befiehlst«, erwiderte Adam voller Bewunderung. (Es gefiel ihm, wenn sie ihn ein bisschen herumkommandierte. Das lag natürlich nahe, da sie die Ältere war, aber wenn es ihn glücklich machte ...)
Sie beobachtete ihn mit lüstern halb geschlossenen Augen. Die tiefe Bräune seines Rückens endete unvermittelt an der Linie, wo sonst der Bund seiner Boxershorts saß. Sein knackiger, kleiner Hintern war leuchtend weiß und wirkte irgendwie verletzlich. Zärtlichkeit durchströmte sie, und sie streckte die Hand nach unten und strich über Adams Haar.
Er hob den Kopf. »Was?«
»Nichts.« Sie wollte ihn nicht wissen lassen, wie stark ihre Gefühle für ihn waren, denn sie fürchtete, dass er sich sonst unter Druck gesetzt fühlte und die Flucht ergriffe. Und er war doch noch gar nicht fertig da unten. »Ich habe zugenommen«, sagte sie stattdessen.
»Wirklich?«
Wie lieb von ihm, so zu tun, als habe er es nicht bemerkt! »Schau dir meinen Bauch an.«
Er tat es. »Hmm. Sieht aus, als bekämst du Rubensformen.« »Rubensformen?«
Verlegen zog sie die Decke darüber. Sie lagen in seinem Bett. Grace hatte nur die ersten beiden Nächte in ihrem Zimmer gegenüber verbracht.
»Nicht«, sagte er und zog die Decke wieder weg. »Er ist doch hübsch.«
Sie wagte einen zweiten Blick. Da war er, ein kleiner Hügel aus festem, weißem Fleisch zwischen ihren Hüften, wie sie ihn seit ihrer Teenagerzeit nicht mehr gehabt hatte, als sie auf Dr.Wright‘s Revolutionary Combined Foods Diet vertraut hatte (seine Theorie war ein Irrtum gewesen).
»Ich finde, er passt zu dir«, erklärte Adam und tätschelte ihn liebevoll. »Du warst sowieso zu dünn. Geradezu dürr.«
Wieder wurde sie von Zärtlichkeit überwältigt. »Ich werde dich vermissen.«
Er kitzelte sie am Bauch. »Nur, wenn wir uns trennen.«
Sie lachte. »Was schlägst du denn vor? Dass wir zusammenbleiben?«
Er lächelte sie an. »Was spricht dagegen?«
»Ich bin zu alt für dich. All meine Freunde würden kopfstehen, wenn ich mich mit dir zusammentäte.«
»Dann gehen wir eben nach Tasmanien. Von meinen Freunden wird keiner über uns spotten. Also - was hältst du davon?«
»Nach Tasmanien zu gehen?«
»Hör auf zu lachen. Ich bin sehr patriotisch«, sagte er gekränkt.
»Wovon würden wir leben? Von Anti-Atomkraft-Flugblättern?«
»Ich würde uns schon ernähren.«
»Du hast das Studium abgebrochen.«
»Ich könnte mir einen Job suchen. Dämlichen Touristen das Surfen beibringen oder so was. Und wir könnten in einer kleinen Hütte am Strand wohnen.«
»Klingt hübsch. Was würden wir essen?«
»Fisch, natürlich.«
»Und Nüsse und Wildfrüchte, die ich im Wald sammeln würde?«
»Allmählich schnallst du es«, sagte er bewundernd.
»Und ich könnte uns Kleider schneidern aus den Fellen der wilden Tiere, die ich mit Fallen fangen und häuten würde.«
»Weiter, Grace!«
Sie klatschte aufgeregt in die Hände. »Wir würden von dem leben, was die Natur uns gäbe - ohne Handys und Filofaxe und Autos und dergleichen. Wir wären Hippies! Ich wollte schon immer ein Hippie sein.«
»Ehrlich?«
»Nein, eigentlich nicht.« Aber sie wollte auch nicht mehr die gestresste, dürre Frau sein, als die sie nach Hackettstown gekommen war. War es nicht herrlich, dass Menschen sich ändern konnten, dachte sie träge. Vielleicht war ihre Veränderung ja noch gar nicht abgeschlossen. Vielleicht würde sie sich morgen noch weiter verändern. Wer wusste, was für ein Mensch sie mit der Zeit werden würde? (Fett wollte sie allerdings nicht werden. Kurvenreich war attraktiv - übergewichtig nicht.)
»Grace«, sagte Adam nach einer Weile.
»Hmmm?«, brummte sie, in Visionen von sich vertieft, wie sie in Läden für Übergrößen einkaufte und im Flugzeug zwei Plätze buchen musste, wenn sie verreisen wollte.
»Ich möchte was mit dir besprechen.«
»O Adam. Martine meint nicht alles ernst, was sie sagt. Ihr beide seid einfach sehr verschieden. Du bist ein Radikaler, und sie ist eher eine Konservative ...«
»Sie ist ein verdammtes Fossil!«
»Wie auch immer. Sie leitet die Kampagne, und du kannst nichts dagegen tun.«
»Das ist noch nicht raus. Aber ich will gar nicht über Martine reden. Ich ...«
»Entschuldige, wenn ich dich unterbreche, Adam.« Sie hatte aus dem Augenwinkel etwas bemerkt. »Was ist das?«
»Was ist was?«
»Da draußen! Nein, nein, bleib unten!«, zischte sie.
»Wie soll ich was sehen, wenn ich mich nicht aufsetzen darf?«
»Du musst eben unauffällig schauen.« Sie streckte den Arm aus. »Da - auf der anderen Straßenseite.«
Da sie sich im ersten Stock befanden, hatten sie sich nicht die Mühe gemacht, die Vorhänge zuzuziehen. Es war heller Tag - und in einer Glasfläche im ersten Stock des Hauses gegenüber spiegelte sich die Sonne.
Grace stieß einen unterdrückten Schrei aus und zog die Decke bis ans Kinn hoch. Adam sprang auf und drohte mit der Faust hinüber.
»Dieser elende Mistkerl!«, schimpfte er. »Ich hab‘s dir gesagt, weißt du noch? Ich hab‘s dir gesagt!«
»Frank? Ich weiß, dass Sie da sind. Sie können also ruhig aufmachen.«
Sie klingelte erneut, aber er ließ sich noch immer nicht sehen. Schließlich nahm sie ihren Makler-Schlüsselbund zu Hilfe.
Er saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher und schrak hoch, als sie hereinkam. »Was tun Sie hier?«, fuhr er auf.
»Was haben Sie getan? Wie kommen Sie dazu, uns zu beobachten?«, erwiderte sie hitzig.
»Ich habe nicht Sie beobachtet!«, spielte er den Empörten. »Ich war auf der Suche nach dem weniger gesprenkelten Kleinspecht, einem hier sehr seltenen.«
»Blödsinn!«
»Schauen Sie nach, wenn Sie mir nicht glauben!« Er schob ihr ein Buch hin. »Ich habe erfahren, dass in dem Wald da drüben ein Pärchen nistet, und so hielt ich ganz harmlos Ausschau danach, und plötzlich hüpfen da am helllichten Tage zwei Nackte vor meiner Nase herum! Ich bin ganz schön erschrocken, das kann ich Ihnen sagen!«
Grace kämpfte verzweifelt gegen die Röte an, die ihr ins Gesicht stieg. Aus irgendeinem Grund glaubte sie ihm seine Geschichte. Zumindest teilweise. »Aber sie hätten nicht zuschauen müssen, oder?«
»Nun, ich ...«
»Sie hätten wegsehen können. Das hätte der Anstand geboten. Ich hatte Mühe, Adam zurückzuhalten, wissen Sie. Er würde sie liebend gern verprügeln.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass Ihr Mann das auch liebend gern mit Adam täte. Irgendjemand sollte ihm stecken, was seine Frau in seiner Abwesenheit getrieben hat.«
»Und das würden Sie mit Wonne übernehmen, stimmt‘s? Das wäre eine schöne Rache dafür, dass ich Ihr Haus verrissen habe.«
»Es wäre vielleicht schon verkauft, wenn Sie das nicht getan hätten«, erwiderte Frank.
»Tom und Charlie hätten es auch nicht genommen, wenn ich es ihnen in den höchsten Tönen angepriesen hätte.«
»Sandy sagt, wenn Sie sich das in den Staaten erlaubt hätten, wären Sie auf der Stelle gefeuert worden. Und sie hat Recht.«
»Sandy hat immer Recht - das sollten wir inzwischen wissen«, murmelte Grace.
Frank bedachte sie mit einem feindseligen Blick. »Es tut mir Leid, dass ich Sie beobachtet habe - aber es ist unfair, wenn Sie Ihren Zorn jetzt an Sandy auslassen. Ich habe es sowieso nur ihretwegen getan.«
»Sandy hat Sie gebeten, Leute beim Liebesspiel zu beobachten?« Vielleicht bestand ja doch noch Hoffnung für sie.
»Nein, nein.« Er kniff den Mund zu.
Grace hatte so eine Vermutung, was ihm Sorgen bereitete. »Frank, hat es etwas damit zu tun, worüber wir vor einiger Zeit sprachen?«
»Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen.«
»Wissen Sie - jedes Paar ist nervös vor dem ersten intimen Zusammensein.«
»Möchten Sie eine Tasse Tee?«
»Sandy wird keine Perfektion von Ihnen erwarten.«
Frank ließ sich in seinem Sessel zurücksinken und legte stöhnend den Kopf an das schmierige Polster. »Sie ist so schön! So wunderschön!«
»Ja, aber ...«
»Ich werde nicht einmal wagen, sie anzufassen. Eine Frau wie sie erwartet technisches Können und Erfahrung.«
»Vielleicht auch nicht. Für mich hört es sich so an, als sei sie ebenfalls nicht sehr aktiv auf diesem Gebiet. Hat sie nicht im Fitnessstudio alle Annäherungsversuche abgeschmettert?«
»Ja, schon - doch sie hatte natürlich Freunde. Sie haben das Foto gesehen, auf dem der eine abgeschnitten war. Greg. Greg. Ich wette, er hat sie glücklich gemacht.«
»Das ist nicht gesagt...«
»Ich wette, er war ausgestattet wie ein Stier und kannte alle Tricks!«
»Beruhigen Sie sich, Frank. Ich bin sicher, Sie haben selbst ein paar Tricks drauf.« Der Gedanke bereitete Grace Unbehagen. Nachdem er sie und Adam beobachtet hatte, war sein Repertoire zweifellos um einiges vielseitiger. O Gott!
»Nein, eigentlich nicht«, sagte er.
Grace schluckte trocken und kämpfte weiter. »Ach, kommen Sie! Wenn Sie an Ihre früheren Erfahrungen zurückdenken, wird Ihnen bestimmt dies oder das einfallen.«
»Kaum«, erwiderte er. »Ich bin noch Jungfrau.«
»Oh ...« Sie nickte weise und wünschte, er hätte ihr das nicht anvertraut. Angestrengt bemüht, weder überrascht noch erheitert zu wirken, sagte sie betont munter: »Stellen Sie sich vor, wie viel Spaß Sie beim Lernen haben werden!«
Frank schaute noch jämmerlicher drein. »Ich dachte, wenn ich Ihnen und Adam zuschaute, könnte ich den Erfahrenen spielen.«
»Haben Sie ... haben Sie lange zugesehen?«, fragte Grace mit erstickter Stimme.
Hoffentlich hatte er sich keine Notizen gemacht. Oder Skizzen. Das sähe ihm ähnlich. »Ich finde, Sie sollten mit Sandy darüber sprechen.«
»Ausgeschlossen.«
»Es wird sie nicht stören, dass Sie keine Erfahrungen haben.«
»Sie geht davon aus, dass ich welche habe.«
»Wie meinen Sie das?«
»Naja - sie schwärmte unentwegt von Greg, und da prahlte ich ein bisschen, was die Frauen in meinem Leben betrifft.«
»Ein bisschen?«
»Ich sagte, es seien drei gewesen.«
»Das ist doch nicht schlimm.«
»Aber dann machte ich hier und da noch ein paar mehr daraus, und plötzlich waren es zehn und dann zwanzig, und dann geriet das Ganze außer Kontrolle.«
»Und wie viele waren es am Ende?«
»Zweiundachtzig.« Frank rieb sich die Augen. »Ich hatte Angst, dass sie mir den Laufpass geben würde, wenn sie wüsste, dass ich noch nie eine Freundin hatte. Sie hätte vielleicht gedacht, dass mit mir etwas nicht stimmte.«
»Aber zweiundachtzig, Frank!«
»Ich weiß.«
»Sie müssen ihr die Wahrheit sagen.«
»Das kann ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Sie hat so schon genug Sorgen.«
»Wegen ihrer Schwester?«
»Nein, nein, die ist wieder mit ihrem Mann zusammen. Erinnern Sie sich, dass ich Ihnen erzählte, Sandy sei ständig müde?«
»Ja.«
»Sie war endlich beim Arzt. Er machte einen Haufen Tests, und dabei hat sich etwas ergeben, worüber er nicht glücklich ist.«
»Nämlich?«
»Das wollen sie ihr erst sagen, wenn die restlichen Ergebnisse vorliegen. Die müssten heute kommen. Aber sie sagt, ich soll mir ihretwegen keine Gedanken machen, sondern mich ganz auf den Hausverkauf konzentrieren.«
»Ist das wahr?«
»Sie meint, ich sollte vielleicht ein bisschen mit dem Preis runtergehen.«
»Wie bitte?«, fragte Grace bestürzt.
»Ich weiß - das würde sich auf Ihre Provision auswirken.«
»Daran habe ich gar nicht gedacht.«
»Sandy sagt, dass wir nicht gerade viele Interessenten anlocken.«
»Wir haben August, Frank. Die Hälfte der Bevölkerung ist im Urlaub.«
»Sie meint, wenn wir den Preis um, sagen wir, zehn Prozent senken, ziehen wir damit eine ganz neue Käuferschicht an.« Für eine gesundheitlich angeschlagene Person war sie bemerkenswert auf Zack, dachte Grace bissig - aber zu ihrem Bedauern konnte sie nicht umhin, ihr Recht zu geben. Man stelle sich das vor: Eine Frau, die tausende von Meilen entfernt lebte, mit Frank nur per Computer kommunizierte und sein Haus nie gesehen hatte, könnte es für ihn verkaufen.
Grace war sich noch nie so bedeutungslos vorgekommen.
»Ich werde darüber nachdenken. Und Frank?«
»Ja?«
»Was Ihre Spioniererei betrifft - wenn Sie nichts sagen, sage ich auch nichts, okay?«